Oberverwaltungsgericht entscheidet: HappyGoLuckyHostel muss Grau oder Beige gestrichen werden!

Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat entschieden: Die Malerei muss weg. Ein zehnjähriger Streit des Hotelbesitzers mit dem Ordnungsamt hat jetzt zu einem vorerst letztinstanzlichen Urteil geführt. Die Hauswand soll beige oder grau gestrichen werden. Der Grund: Ein Nachbarhaus steht unter Denkmalschutz. Ein Armutszeugnis für das Ordnungsamt und den Bezirk.

Zuerst ging es um „unzulässige“ Werbung. Das Hotel hatte seine Internetadresse oben an der Fassade angebracht. Dann wurde der irische Streetart-Künstler Dom Browne beauftragt, die Fassade so zu gestalten, wie sie seit 2017 zu bewundern ist. Nun verlangte das Bauamt, alle fünf Jahre – kostenpflichtig – Gutachter zu schicken, um zu prüfen, ob denn der Farbauftrag noch dem gepflegten Stadtbild entspräche. Zu dem kommen wir später zurück. Jedenfalls sollte der Hoteleigentümer Alexander Skora die Kosten tragen. Der verlangte, der Bezirk möge sich beteiligen. Dieser lehnte ab.

2016 folgte dann eine „Beseitigungsanordnung“, weil die Fassade gegen Denkmalschutzrecht und Verunstaltungsverbot verstoße. Das denkmalgeschützte Nachbarhaus ist übrigens erst das übernächste Haus an der Ecke Winscheidstraße. So kochte alles hoch und am 8. Mai verstrich nun die Frist des Oberverwaltungsgerichts, die Fassade grau oder beige zu streichen. Jetzt ist wieder das Bezirksamt am Zuge: Es kann selbst eine Firma beauftragen, die Fassade zu überstreichen.


Natürlich gab es auch einen Ortstermin des Oberverwaltungsgerichts. Wer selbst einen Ortstermin macht, wird feststellen, dass Menschen stehenbleiben, die Fassade bestaunen, ihr Smartphone zücken und fotografieren – und mit einem Lächeln weitergehen. Dieses Kunstwerk macht wirklich glücklich. Gleichartige Reaktionen erkennt der Ortstermin-Begeher allerdings nicht, verweilt er einige Zeit vor dem allerdings sehr schönen denkmalgeschützten Hauses zwei Nummern weiter.

Das Ordnungsamt sollte sich um die wahren Graffiti-Probleme kümmern

2016 setzte Stadtrat Marc Schulte von der SPD auf die Durchsetzung der Bürokratie, Ordnung und Genehmigung. 2020 forderte Bezirksbaustadtrat Oliver Schruoffeneger von den Grünen die Durchsetzung der Bezirksauflagen. Heute kämpft Bezirksstadtrat Christoph Brzezinski von der CDU bis zum Oberverwaltungsgericht für die Durchsetzung des Rechts – was das HappyGoLucky-Hostel angeht.

Der Künstler der HappyGoLucky-Fassade bezeichnet sich selbst als Streetart-Künstler. An „Streetart-Künstlern“ hat nun Charlottenburg wahrlich keinen Mangel. Geschätzt 15.000 Sprayer gibt es in Berlin, die ihren „Fame“, ihren „Ruhm“ durch illegale Kritzelei ihres Alias-Namens mehren möchten und die Stadt verschandeln.

S-Bahn-Trasse am Stuttgarter Platz – an dem auch das Hostel steht

Charlottenburg gibt 30.000 Euro für Grafittibeseitigung aus, die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr 200.000 (Zahlen von 2021)

Die Anzahl der Sachbeschädigungen in Charlottenburg summieren sich in 2022 auf 2.501 Fälle, die zur Anzeige gebracht wurden. Die bundesweite Kriminalitätsstatistik addiert mehr als 45.000 Fälle. Charlottenburg steuert also mehr als 5% aller Grafitti-Sachbeschädigungen innerhalb der gesamten BRD bei!

Die BVG zahlte 2017 2,95 Millionen für die Beseitigung von Grafittis – durch Strafverfahren festgesetzte und gezahlte Entschädigungen summierten sich in dem Jahr auf 210 Euro und 50 Cent.

Auf 210 Euro und 50 Cent!

Und was macht die Politik? Sie umgart eher noch die Sprayer-Szene: Im Wahlkampf 2021 testete Franziska Giffey ihre „Street Credibility“ zum SPD-Grafitti-Wahlplakat-Sprühen“ und findet sich wieder bei „fetten Beats“ und „derben Gestank nach Lösungsmitteln“ und wirbt für mehr Freiräume für Sprayer.

Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sind bei Grafitti kein Thema

Wie das Beispiel Giffey zeigt, wirbt die Politik eher noch um die Grafitti-Szene, mit der sie wohl die Jugend „abzuholen“ glaubt. Ist es sonst das Klima und der Umweltschutz, sind diese beim Thema Grafitti keine Erwähnung wert.

Die Treibmittel der Farbdosen sind Butan und Propan, die einfach in die Luft entweichen. Die Zusammensetzung der Lacke sind ein ganzer Cocktail an Problemstoffen und unterstehen der Gefahrstoffverordnung. Der Beipackzettel führt Stoffe auf, für die sich die jungen Sprayer im Chemieunterricht nie interessiert haben: Aromate, Glykole, Ester, Ketone und Alkohole, Aceton, 2-Methoxy-1-methylethylacetat,n-Butylacetat, Butan-1-ol, Xylol und Glykolsäure-n-butylester… Die Lösungsmittel werden durch Einatmen und die Haut im Körper aufgenommen. Sprayer berichten auch gern einmal von „Benommenheit“ – Schutzmasken und -kleidung sind allerdings überbewertet, wenn es um „Fame“ und „Straßen-Glaubwürdigkeit“ geht.

Hinzu kommt: Grafitti belastet die Böden – im Mauerpark wurden höchste Konzentrationen an Mikroplastik an mehrfach übersprühten Grafittiwänden gefunden. Den Kindern die Strohhalme verbieten, den Jugendlichen ihre Umweltsauerei, Selbstgefährdung und Sachbeschädigung durchgehen lassen – das ist heute gängige Politik.

Es ist schon seltsam: Eine Fassade, die der überwiegenden Mehrheit der Bürger gefällt, ein Lächeln abringt, die Laune hebt, die zeigt, dass Kunst von Können kommt – die muss weichen. Die häßlichen Ecken der Stadt, verschandelt durch zu „Kunst“ geadelten „Tags“ anonymer Möchtegern-Großer (immerhin hat es einer mal in Berlin zur Berühmtheit gebracht – Banksy) – hier hat man von systematischen, durchdachten Verfolgung durch die Ordnungsämter noch nichts gehört.

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